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Aus 1.21 in die Welt

Wie Moot Courts die Hochschule seit fast zwei Jahrzehnten prägen


Erste Teilnahme und erster Sieg der Law School beim BAG Moot Court, 2006


Vor 19 Jahren – im vierten Jahr seit der Gründung – meldete sich das erste Team der Law School für einen internationalen Moot Court an. In den folgenden Jahren nahmen viele Studierende in verschiedensten Teams an Moot Courts teil. Mit der Zeit kamen immer mehr nationale sowie internationale Moot Courts (mittlerweile insgesamt elf) dazu, an denen die Law School jährlich mit eigenen Teams teilnimmt. Doch dabei entwickelten sich die Teilnehmenden nicht nur persönlich weiter, sondern sammelten auch viele Auszeichnungen und damit Erfolge für die Hochschule.

 

Idee des Mootings

 

Moot Courts haben eine lange Tradition an anglo-amerikanischen Law Schools und mittlerweile auch an hiesigen rechtswissenschaftlichen Fakultäten. Dabei geht es in der Regel darum, im Rahmen einer fiktiven Gerichtsverhandlung das Gericht durch Rhetorik und stichhaltige Argumente davon zu überzeugen, dass die eigene Seite Recht hat. Durch den Wettbewerb sollen die Teilnehmenden lernen, einen umfangreichen und komplexen Sachverhalt zu erfassen, eine rechtlich fundierte Lösung zu entwickeln und diese schriftlich und mündlich überzeugend vorzutragen. Die sogenannte Bench, die sich die Argumente anhört und schließlich das Siegerteam kürt, besteht nicht selten aus renommierten Juristinnen und Juristen von obersten oder internationalen Gerichten, aus der Wissenschaft und der Praxis.

 

Während das Jurastudium in der Regel eine Einzelsportart ist, steht beim Mooting das Team im Vordergrund. Strategien werden entwickelt, rechtliche Argumente diskutiert und, wenn sie die strenge Prüfung der anderen Teammitglieder nicht überstehen, verworfen. Die verschiedenen Moot Courts variieren stark in Dauer und Umfang. Aber ihnen allen ist gemeinsam, dass durch die intensive Zusammenarbeit über Wochen oder Monate aus eine Gruppe Studierender ein Team entsteht. Denn: Erfolgreich im Mooting kann man nur sein, wenn sich die Stärken ergänzen und so die Schwächen ausgleichen.

 

Anfänge des Mootings

 

Moot Courts waren anfänglich rein hochschulinterne Wettbewerbe. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist die Ames Competition, die seit 1911 alljährlich an der Harvard Law School ausgerichtet wird. Auch die Philip C. Jessup International Law Moot Court Competition, der älteste, größte und einer der renommiertesten internationalen Moot Courts, begann 1960 als Harvard-interner Moot Court. Schnell erweiterte sich der Teilnehmerkreis aber, erst auf andere US-amerikanische Law Schools, ab 1968 dann auf Universitäten anderer Länder. 60 Jahre nach der Gründung nehmen fast 700 Teams aus über 90 Ländern am Wettbewerb teil.

 

In den folgenden Jahren entstanden viele weitere Moot Courts. 1988 wurde der europarechtliche European Law Moot Court gegründet, bei dem die Finalteams vor Richterinnen und Richtern des EuGH ihr Plädoyer halten dürfen. 1992 entstand der Lachs Space Law Moot zum internationalen Weltraumrecht und 1993 entstand der besonders renommierte Willem C. Vis International Commercial Arbitration Moot, an dem seither jedes Jahr fast 400 Universitäten teilnehmen. Mittlerweile gibt es einen Moot Court zu fast jedem Rechtsgebiet: Vom IP-Recht über das Investitionsschutzrecht bis zum Migrationsrecht.

 

Mooting an der Law School

 

Die Law School orientiert sich nicht nur mit ihrem Namen an den großen anglo-amerikanischen Vorbildern. Auch mit Blick auf die Leidenschaft, mit der hier Mooting betrieben wird, kann sie sich mit den großen Namen messen. So nehmen Teams der Law School mittlerweile an sechs internationalen und fünf nationalen Moot Courts teil. Hinzu kommen noch zwei hochschulinterne Wettbewerbe.


Die Law School gewinnt 2021 den Vis Moot Court. V.l.o. im Uhrzeigersinn: Stella Westenhoff (Jg. 2018, Team), Jonas Klein (Jg. 2018, Team), Zec Jovana (Jg. 2020/2021 MLB, Team), Shengming Zhang (Jg. 2016/2017 MLB, Team), Janosch Karlsberg (Jg. 2011, Coach), Manyedi Lieck (Jg. 2018, Team), Anna Isfort (Jg. 2015, Coach) und Christoph Ludwig (Jg. 2014, Coach)

Willem C. Vis International Arbitration Moot (seit 2003)

 

Die Erfolgsgeschichte des Mootings an der Law School beginnt 2003 mit der Teilnahme an einem Schwergewicht: Der Willem C. Vis International Commercial Arbitration Moot. Der 1993 gegründete Vis Moot ist einer der weltweit größten und prestigeträchtigsten Mooting-Wettbewerbe. Er findet jedes Jahr in Wien statt. Seit 2003 gibt es zudem jährlich einen Schwester-Wettbewerb in Hong Kong. Im Laufe der folgenden 19 Jahre konnte die Law School beim Vis Moot zahlreiche Erfolge verzeichnen. Unzählige honorable mentions, diverse K.o.-Runden Einzüge, mehrere Runner-Up Awards. 2021 folgte dann schließlich die Krönung: Die Bucerius Law School setzte sich beim 28. Willem C. Vis Moots gegen 385 Universitäten aus 80 Ländern durch und sicherte sich den 1. Platz.


Gruppenbild BAG Moot Court, 2020

Arbeitsrechtlicher Moot Court – BAG (seit 2006)

 

Beim ersten Arbeitsrechtlichen Moot Court (BAG Moot Court) im Januar 2006 konnte die Law School einen Dreifachsieg (erster, zweiter und dritter Platz) einfahren. Fragt man nach dem Grund des Erfolgs, so stechen zwei Elemente heraus, die das Mooting an der Law School bis heute auszeichnen: Professionalität und Leidenschaft. Bereits 2006 übten die Teams in intensiven Vorbereitungssessions ihre Plädoyers ein und konnten sich dabei auf tatkräftige Unterstützung durch den Lehrstuhl PR III verlassen, der sofort Feuer und Flamme für den Wettbewerb war und ist.

 

Ab der zweiten Teilnahme kamen Probesessions vor Anwältinnen und Anwälten hinzu, eine Übung, die andere Unis erst spät in ihre Vorbereitung aufnahmen. Hinzu kommt, dass die Law School stets als Gemeinschaft auftrat und sich als echtes Team verstand. Mittlerweile darf natürlich auch die PR III-Fahne nicht mehr fehlen (übrigens eine Idee von Matthias Jacobs).


BLS Common Law Moot Court (seit 2006)

 

Ebenfalls seit 2006 gibt es die BLS Common Law Moot Court Competition. Veranstaltet vom Language Department treten hier Studierende der ersten beiden Studienjahrgänge auf dem Gebiet des englischen Zivilrechts gegeneinander an.


Die Law School holt 2020 den zweiten Platz bei der ICC Mediation Competition. V.l.n.r.: Julia Müller (Jg. 2016, Coach), Philomena Hindermann (Jg. 2016, Team), Ruth Sander (Jg. 2018, Team), Carla Behrends (Jg. 2018, Team), Martina Block (Jg. 2015, Team) und Juliane Wildert (Jg. 2015, Coach)

ICC International Commercial Mediation Competition (seit 2012)

 

Weitere drei Jahre später folgte dann das dritte Mooting Team der Bucerius Law School. Die Law School nahm 2012 erstmals an der ICC International Commercial Mediation Competition in Paris teil. Wenngleich kein Moot Court i.e.S., so hat sich der Wettbewerb doch fest in der internationalen Mediationsszene und an der Law School etabliert. Die ICC Mediation Competition ist für Juristinnen und Juristen auf besondere Weise anspruchsvoll: Zunächst sind bei der Bearbeitung des Falles die wirtschaftlichen Zusammenhänge mindestens genauso wichtig, wenn nicht gar wichtiger als die juristischen Fragestellungen. Bei einer vergessenen Million hilft auch das beste juristische Argument nicht.

 

Genauso unbequem für Juristinnen und Juristen: Bei dem Wettbewerb geht es nicht darum, das Gegenüber mit den eigenen Argumenten zu überrollen. Es geht nach Möglichkeit darum eine Lösung zu finden, von der alle Parteien profitieren. In dem ersten Jahrzehnt der Teilnahme konnte sich die Law School verschiedene Awards sichern, etwa den Preis für das Beste Opening Statement oder die beste Interaktion mit dem Mediator. 2020 dann schaffte es die Law School ins Finale und erreichte einen grandiosen zweiten Platz. Seit 2015 organisiert das ICC Team zudem die Bucerius Mediation Competition.


Erste Teilnahme der Law School am Soldan Moot Court 2013. V.l.n.r.: Moritz Begemeier, Thea Lebsa, Kilian Wegner und Dirk Hartung

Soldan Moot (seit 2013)

 

2013 nahm die Law School erstmals am Soldan Moot Court teil. Beim Soldan Moot Court geht es um Zivilprozessrecht, Schuldrecht und anwaltliches Berufsrecht. Und wenn ein Law Schooler oder eine Law Schoolerin Schuldrecht hört, gibt es nur zwei Reaktionen: Fight or Flight. Und die Teams der Law School haben sich fürs Kämpfen entschieden. In den letzten acht Teilnahmejahren errang die Law School fünfmal (!) den 1. Platz und zweimal den 2. Platz. Seit 2016 veranstaltet das Soldan-Team zudem den Soldan Pre-Moot Hamburg. Über die Jahre entstand eine eingeschworene Soldan-Community, die das erlernte Wissen weitergibt und das aktuelle Team auch vor Ort in Hannover unterstützt.


Erste Teilnahme der Law School am BFH Moot Court, 2013

BFH Moot Court (seit 2013)

 

Ebenfalls 2013 begann die Law School ihre erfolgreiche Karriere auf dem Gebiet des steuerrechtlichen Mootings. Beim BFH Moot Court konnte sich die Law School in den folgenden Teilnahmen 2015 den 3. Platz, 2017 den 2. Platz und 2019 schließlich den 1. Platz sichern.


Jessup Team 2021. V.l.n.r.: Laleh Eimaq (Jg. 2018), Johanna Schleyer (Jg. 2017), Lukas Reichl (Jg. 2018, Coach), Svenja Kantelhardt (Jg. 2018) und Philipp Kehl (Jg. 2016)

Philip C. Jessup International Law Moot Court Competition (seit 2014)

 

Ein Jahr später, im Jahr 2014, nahm die Law School erstmals an der Philip C. Jessup International Law Moot Court Competition teil. Als die Law School erstmals am Jessup Moot Court teilnahm, hatte der Wettbewerb schon 54 Jahre, in Deutschland immerhin schon 25 Jahre auf dem Buckel. Das hinderte die Law School aber nicht daran, schnell zu den Favoriten aufzuschließen. Im zweiten Teilnahmejahr gewann die Law School den Preis für den besten Schriftsatz, im dritten Jahr schaffte es das Team, den nationalen Vorentscheid zu gewinnen, was es 2020 wiederholen konnte. 2021 erreichte das Team schließlich eine hervorragende Platzierung im ersten rein digitalen internationalen Finale: 5. Platz weltweit und 8. Platz für den Schriftsatz.


Erste Teilnahme der Law School am Oxford IP Moot, 2015. V.l.n.r.: Karsten Windler (IP Center), Fabian Flüchter (Jg. 2011), Jannik Maas (Jg. 2013), Alexander Wagner (Jg. 2013), Julius Greiner (Jg. 2011) und Lezel Roddeck (IP Center & Language Department)

Oxford International IP Moot (seit 2015)

 

2015 nahm die Law School erstmals am Oxford International IP Moot teil. Dem Team gelang auf Anhieb die Qualifikation für die Endrunde der 24 besten Teams. Im Jahr darauf konnte dieser Erfolg wiederholt werden und 2017 gelang es dem Team sogar, den 1. Platz zu holen.


Erste Teilnahme und erster Sieg der Law School am Frankfurt Investment Arbitration Moot Court. V.l.n.r.: Doak Bishop (King & Spleading), Victoria Kurtenbach (Jg. 2012), Giancarlo Capurro (Jg. 2012), Tilman Koops (Jg. 2012), Sabine Konrad (Morgan Lewis) und Moritz Nickel (Jg. 2012)

Frankfurt Investment Arbitration Moot Court (seit 2016)

 

Die erste Teilnahme am Frankfurt Investment Arbitration Moot Court geht auf ein Vis Moot Team zurück, dessen Appetit auf das Mooting nicht zu sättigen war. Also entscheid es sich, einfach weiterzumachen mit dem nächsten Wettbewerb. Ihr Durchhaltevermögen wurde belohnt, sie gewannen auf Anhieb den 1. Platz.


Erste Teilnahme und erster Sieg beim HanseMoot, 2007. V.l.n.r.: Sirin Pourbakhshayesh (UHH), Benedikt Folttmann (Jg. 2016), Felix Behnke (UHH), Constantin Ladwig (Jg. 2016) und Katharina Graf (Jg. 2014, Coach)

HanseMoot (seit 2017)

 

2017 folgte mit dem HanseMoot der erste verfassungsrechtliche Moot Court und neben dem Soldan PreMoot und der Bucerius Mediation Competition der dritte hochschulübergreifende Wettbewerb, den die Law School ausrichtet. Gemeinsam mit dem Hanseatischen Verfassungsgericht und der Universität Hamburg veranstaltet die Law School diesen Moot Court alle zwei Jahre für Studienanfängerinnen und Studienanfängern. Bei der ersten Ausrichtung konnte sich abermals ein Team der Law School als Sieger behaupten. Die Besonderheit: Es war ein Gemeinschaftserfolg, da das Team zur Hälfte aus Studierenden der Universität Hamburg und der Bucerius Law School bestand.


V.l.n.r.: Abdullah Yüksel (Jg. 2017), Lukas Meves (Jg. 2017), Franziska Adelmann (Jg. 2015) und Elisabeth Vireau (Jg. 2017)

MOVE Moot (seit 2019)

 

2019 richtete die Law School einen weiteren Moot Court aus: den MOVE Moot. Von der Law Clinic der Law School initiiert, behandelt der Wettbewerb Fragen des Asyl- und Ausländerrechts. Im ersten Jahr der Teilnahme holte ein Team der Law School direkt den 1. Platz.


HSF Computational e-Moot (seit 2020)

 

Der HSF Computational e-Moot ist die jüngste Ergänzung der Law School-Mooting-Familie. Der Wettbewerb bewegt sich auf dem Gebiet des „Computerrechts“ und behandelt Fragen rund um künstliche Intelligenz, Automatisierungsprozesse, Datenschutz und Blockchain.

 

Bucerius Minimoot

 

 

Ebenfalls 2020 begann ein weiteres Kapitel der Professionalisierung des Mooting-Angebots an der Law School. Das 2020 vom Alumni-Verein mitgegründete Bucerius Alumni Mooting Center schuf den MiniMoot, einen am Soldan angelehnten Moot Court, an dem der neue Jahrgang während des Propädeutikums teilnimmt, um so erste Erfahrungen auf dem Gebiet des Mootings sammeln zu können.

 

Auf die nächsten 20 Jahre

 

 

Die Mooting-Erfolge der Law School in den letzten fast zwei Jahrzehnten ist beachtlich. Ermöglicht wurde er durch das gemeinsame Engagement Vieler: Studierende, die von einem neuen Wettbewerb hören und ihn an die Law School holen möchten, Professorinnen und Professoren, die diese Studierenden unterstützen, Ehemalige, die die Teams durch zahlreiche Probesessions coachen, das Language Department, das nicht nur das IP Mooting Team stets hilfreich zur Seite steht und die Law School Verwaltung, die alles unternimmt, damit eine Teilnahme oder ein Training nicht an organisatorischen oder finanziellen Hürden scheitert. Mit dem 2020 gegründeten Bucerius Alumni Mooting Center kommt nun ein weiterer Baustein hinzu auf dem Weg zu einer umfassenderen anwaltlichen Ausbildung unserer Studierenden. Es bleibt also zu hoffen, dass die nächsten Jahrzehnte Mooting an der Law School mindestens genauso erfolgreich sein werden wie die vergangenen.


Christoph Saake (Jg. 2013)


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