Vorstand, Beirat und interessierte Mitglieder haben sich im Laufe des letzten Jahres viele Gedanken zu der Zukunft der Hochschule gemacht und die Ergebnisse im folgenden Thesenpapier zusammengefasst
Die Bucerius Law School, gegründet als juristische Reformhochschule, bietet eine einzigartige Studienerfahrung, die Studierende untereinander und mit ihrer Hochschule über das Studium hinaus als Gemeinschaft verbindet. Die Entwicklung der Hochschule liegt uns als Alumnae und Alumni am Herzen. Wir verstehen uns dabei als konstruktiver und unabhängiger Impulsgeber. In diesem Sinne haben wir über das letzte Jahr in vier Arbeitsgruppen und im Rahmen einer Klausurtagung die folgenden Thesen zur Zukunft unserer Hochschule entwickelt:
I. Innovationen in Forschung und Lehre vorantreiben
Die Bucerius Law School wurde mit dem Leitgedanken gegründet, die juristische Ausbildung in Deutschland grundlegend zu modernisieren. Dieser Modernisierungsprozess verlangt von der Hochschule ihrerseits ständige Selbstreflexion und ist nie abgeschlossen.
- Innovative und didaktisch starke Lehre zeichnet die Bucerius Law School aus und ist essenziell für eine exzellente juristische Ausbildung. Einen wertvollen Beitrag dazu leisten die Professorinnen und Professoren, aber auch der akademische Mittelbau.
- Forschung und Lehre sind gleichwertig, eigenständig und dennoch aufeinander angewiesen. Nur mit hervorragender und innovativer Lehre kann langfristig hervorragende und innovative Forschung gewährleistet werden. Beides ergänzt sich zur Gemeinschaft der Lehrenden und Lernenden.
- Wir sehen uns als Impulsgeber, Begleiter und Förderer innovativer Lehrprojekte und möchten uns auch künftig durch gezielte Förderungen in die Entwicklung der Hochschule einbringen und zum Diskurs darüber beitragen.
II. Neubauten zur Neugründung nutzen
Wir sehen die auf dem Campus geplanten Neubauten als historische Chance zur Neugründung der Hochschule. Diese Veränderungen werden die nächste Entwicklungsstufe der Hochschule prägen und ihr ein neues Gesicht geben.
- Jede Weiterentwicklung der Hochschule braucht eine Strategie, um die nächste Entwicklungsphase aktiv zu gestalten. Bloßes Wachstum darf kein Selbstzweck sein, sondern muss im Rahmen einer mittelfristigen Strategie erfolgen.
- Schwerpunkte dieser Strategie können sein: Ausbau der rechtswissenschaftlichen Forschung, Einführung neuer spezialisierter Master-Programme, Ausbau des MLB-Programms und Wachstum im LL.B.-Programm.
- Bei jeder Entwicklung der Hochschule sind diejenigen Werte und Alleinstellungsmerkmale zu bewahren, auf denen der Erfolg der Bucerius Law School gründet. Ausgehend von unserer eigenen
Studienerfahrung haben wir Alumnae und Alumni entsprechende Grundpositionen entwickelt, die ihre Gültigkeit behalten und auch die zukünftige Entwicklung der Hochschule prägen sollen.
- Die Bucerius Law School muss eine reformorientierte Hochschule bleiben, die in der juristischen Ausbildung neue Wege geht.
- Der hochschuleigene Abschluss LL.B. hat (auch im Vergleich zum Staatsexamen) einen hohen Wert.
- Die nicht-juristischen Studieninhalte (Wirtschaftswissenschaften, Sprachen, Studium Generale, Studium personale, Studium professionale) stellen einen großen Mehrwert des Studiums an der Bucerius Law School dar.
- Ein so weit wie möglich objektives Auswahlverfahren unter Beteiligung möglichst unterschiedlicher Prüferinnen und Prüfer ist ein wichtiger Faktor für den Erfolg der Hochschule.
- Die finanziellen, psychologischen und faktischen Hürden für junge Menschen, ein Studium an der Bucerius Law School aufzunehmen, müssen so gering wie möglich sein. Insbesondere muss jederzeit gesichert sein, dass die Entscheidung für oder gegen ein Studium an der Bucerius Law School nie eine Frage des Geldes ist.
- Die Möglichkeit, an der Bucerius Law School studieren zu können, ist ein Privileg, das mit entsprechender Verantwortung einhergeht.
III. Bucerius-LL.B. stärken
Das Angebot eines eigenständigen akademischen Abschlusses leistet einen wertvollen Beitrag zur Reform der deutschen Juristenausbildung und ist ein identitätsstiftender Bestandteil des Studiums an der Bucerius Law School.
- Der LL.B. muss weiterhin und künftig verstärkt eigenständige akademische Inhalte und Kompetenzen vermitteln, die gegenüber dem Staatsexamen einen Mehrwert bieten. Die inhaltliche Deckungsgleichheit mit dem Staatsexamen ist daher zu reduzieren, um Raum für ergänzende Inhalte zu schaffen.
- Akademische Vielfalt, Internationalität und Interdisziplinarität bereichern den Campus und sind bei der Gestaltung des LL.B. zu berücksichtigen. Neben einem Major in Jura sollen Studierende daher die Möglichkeit haben, einen ergänzenden Minor mit ebenso hohem wissenschaftlichem Anspruch zu wählen. Nahe liegen aus unserer Sicht Bachelor in Law & Economics, Law & Society oder Law & Technology.
- Bei der curricularen Gestaltung des Bachelors muss stärker beachtet werden, dass Zeitaufwand und vergebene ECTS mit anderen Studiengängen vergleichbar und kompatibel sind, auch um die erforderlichen Kapazitäten für einen solchen Minor zu schaffen. Zugleich muss der Abschluss den Zugang zu möglichst vielen Graduate- Studiengängen eröffnen.
IV. Diversität fördern
Die Bucerius Law School ist als gemeinnützige Stiftungshochschule bestrebt, ihr Bildungsangebot ausschließlich nach Maßgabe intellektueller und sozialer Begabung zugänglich zu machen. Zugleich ist das Studium innerhalb einer diversen Studierendenschaft Voraussetzung für ein erfolgreiches Wirken im Sinne des Gemeinwohls. Die Hochschule muss sich daher um eine gegenüber der bisherigen Zusammensetzung diversere Studierendenschaft bemühen.
- Für die Zukunft soll die Hochschule einen noch breiteren Kreis an Bewerberinnen und Bewerbern ansprechen und Zugangshürden zum Studium weiter abbauen.
- In der Außendarstellung soll die Hochschule als „Stiftungshochschule" auftreten.
- Es sollen gezielt solche Regionen und Gruppen in den Blick genommen werden, die an der Hochschule bislang unterrepräsentiert sind.
- Die Kosten einer Bewerbung sind so weit wie möglich zu reduzieren. Bewerberinnen und Bewerber sind möglichst früh auf bestehende Finanzierungs- und Unterstützungsangebote hinzuweisen.
- Die Hochschule soll sich um eine diversere Zusammensetzung der Prüferinnen und Prüfer im Auswahlverfahren bemühen.
- Die Kosten des Studiums selbst sollen – über eine Inflationsanpassung hinaus – nicht weiter erhöht werden. Allen Studierenden muss vorbehaltlos die Möglichkeit einer Finanzierung im Wege eines “umgekehrten Generationenvertrags” eröffnet werden.
- Die Hochschule muss es als ihre Aufgabe sehen, sich auch wissenschaftlich mit Diversität im juristischen Studium sowie in Rechtswissenschaft und -praxis auseinanderzusetzen.
V. Gemeinwohlorientiert wirken
Als Stiftungshochschule ist die Bucerius Law School dem Gemeinwohl besonders verpflichtet und bemüht, im Sinne ihres Stifters zu wirken. Dies erfolgt insbesondere durch die Ausbildung und Prägung ihrer Studierenden, als Akteurin im gesellschaftlichen Diskurs und über die an der Hochschule betriebene Forschung.
- Die Hochschule ist gleichermaßen ein Ort fachlicher wie persönlicher Entwicklung. Ihre Absolventinnen und Absolventen sollen nicht nur fachlich qualifizierte, sondern insbesondere auch kritisch denkende, wirk- und verantwortungsbewusste Gesellschaftsmitglieder sein.
- Die Hochschule ermuntert und befähigt ihre Studierenden, vielfältige Berufe zu ergreifen. Integraler Bestandteil des Studiums muss es deshalb sein, ein Bewusstsein für Werdegänge jenseits der an der Hochschule ohnehin schon gut sichtbaren juristischen Berufsfelder zu schaffen.
- In gesamtgesellschaftlichen Diskursen nimmt die Hochschule eine Forumsfunktion ein. Darüber hinaus nutzt sie ihre juristische Expertise, um gesellschaftliche Diskurse zu bereichern und zu versachlichen. Bei grundlegenden gesellschaftspolitischen Themen mit juristischem Bezug soll sie auch selbst eine Positionierung vornehmen.
- Gleich einem juristischen Fraunhofer-Institut soll die Bucerius Law School anwendungsorientiert und gemeinsam mit Partnern aus der Rechtspraxis zu den großen Zukunftsfragen der Gesellschaft forschen.
Die Bucerius Law School ist seit ihrer Gründung eine Erfolgsgeschichte. Wir Alumnae und Alumni möchten dazu beitragen, dass das nächste Kapitel ebenso erfolgreich wird. Dafür stehen wir mit unserer Tatkraft und Erfahrung zur Verfügung.
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